Silvia Neid: Niederlage einer Kollektivistin

Es gibt ja wirklich wichtigere Themen, als das Aus der Frauenfußballmannschaft im WM Viertelfinale. Aber die Niederlage kann durchaus als Symptom unserer Zeit gesehen werden, in dem das Kollektiv alles, der Einzelne nichts ist. Silvia Neid hat den selben Fehler gemacht, den schon andere Trainer vor ihr gemacht haben, zuletzt Louis van Gaal bei den Bayern: Die Mannschaft ist alles, der Star zählt nichts. Das kommt bei der kollektivistisch eingestellten Presse gut an, deshalb wird das auch selten kritisiert. Es klingt in einer auf Gleichmacherei abzielenden Gesellschaft einfach gut: Keine Privilegien für Stars.

Die Bundestrainerin hat Birgit Prinz und Lira Bajramaij während des gesamten Viertelfinalspiels auf der Bank gelassen – in einem K.O. Spiel in dem es um alles oder nichts geht! Das ist so, als wenn der Männerbundestrainer Franz Beckenbauer und Gerd Müller oder – für die jüngeren – Franck Ribery und Mario Gomez nicht aufgestellt hätte, weil sie “außer Form sind”. Diese Spieler können ein Match allein entscheiden. Natürlich war Lira nicht in Form. Natürlich ist sie ein Dutzend mal mit ihren Dribblings hängengeblieben, aber vielleicht wäre sie ja beim Dreizehnten mal durchgekommen. Ein Tor hätte ja gereicht. Im letzten Gruppenspiel demonstrierte sie, wie das aussehen konnte. Während die meisten Mitspielerinnen vermutlich blind draufgeschossen hätten, legte sie sich dank ihrer Technik den Ball an der Torhüterin vorbei und holte einen Elfer raus.

Auch ein Kollektiv braucht Einzelkönner, gerade wenn es darauf ankommt. Genauso wie eine Gesellschaft mutige Unternehmer braucht, die etwas riskieren und Arbeitsplätze schaffen. Aber anstatt diese Unternehmer zu bewundern, regiert in diesem Land der Nachname der Bundestrainerin: Neid. Ob sie es zugibt oder nicht, sie hat es gestört, dass Lira im Mittelpunkt stand, obwohl ihre Leistungen nach ihrer Meinung gar nicht so außergewöhnlich waren. Aber sie waren eben doch außergewöhnlich. Sie hat mit ihren Dribblings viel riskiert, nicht immer, aber eben oft genug gewonnen.

Und da ändert es auch nichts, dass Birgit Prinz, für die ähnliches gilt, und Lira sich nicht beschweren. Sie haben den Kollektivisten-Virus auch schon intus. Aber Stars genießen zurecht ihre Privilegien. Weil sie besser sind, weil sie den Unterschied machen und weil wir wegen ihnen ins Stadion gehen. Ich habe fertig.