Bemerkenswerte Zitate aus “Liberalismus” von Ludwig von Mises. Teil 1: Vernunft und Sozialismus als Geisteskrankheit

Gerade habe ich “Liberalismus” von Ludwig von Mises aus dem Jahre 1927 im Internet entdeckt. Schon gleich zu Beginn entdeckte ich soviel Zitierenswertes, dass ich es auf Facebook gepostet habe. Diese Posts verschwinden aber mit der Zeit wieder. Daher werde ich auf meiner Webseite die besten Zitate sammeln, thematisch ordnen und in loser Folge hier posten. Es ist erstaunlich zu sehen, wie aktuell die Gedanken sind und wie lange sich Liberale schon mit den immer selben irrationalen Argumenten herumplagen müssen. Die ersten Auszüge beschäftigen sich denn auch mit der Vernunft und sind mithin die beste Werbung für den Namen der Partei der Vernunft. Die entsprechenden Textstellen, denen meist eine nähere Erläuterung folgt, finden Sie, indem Sie das Zitat in dem pdf suchen. Man kann diese Seite auch schön benutzen, um daraus eigene Mises-Zitate zu erstellen. Es empfiehlt sich natürlich, das Werk selbst komplett zu lesen, aber hier finden Sie sozusagen das Quergelesene, das, was ich mir angestrichen hätte, wenn ich es in Buchform vor mir hätte. Los gehts:

Zur Vernunft:

“Man pflegt es dem Liberalismus weiter zum Vorwurf zu machen, daß er rationalistisch sei. Er wolle alles vernünftig regeln und verkenne dabei, daß im menschlichen Dasein die Gefühle und überhaupt das Irrationale – das Unvernünftige – einen großen Spielraum einnehmen und wohl auch einnehmen müssen.
Nun, der Liberalismus verkennt ganz und gar nicht, daß die Menschen auch unvernünftig handeln. Würden die Menschen ohnehin immer vernünftig handeln, dann wäre es wohl überflüssig, sie zu ermahnen, in ihrem Handeln die Vernunft zur Richtschnur zu nehmen. Der Liberalismus sagt nicht: die Menschen handeln immer klug, sondern: sie sollten – in ihrem eigenen wohlverstandenen Interesse – stets klug handeln. Und das Wesen des Liberalismus ist gerade das, daß er die Vernunft in der Politik zu der Geltung bringen will, die man ihr unbestritten auf allen anderen Gebieten menschlichen Handelns einräumt….

Alles, was der Mensch ist und was ihn über das Tier hinaushebt, dankt er der Vernunft. Warum sollte er gerade in der Politik auf den Gebrauch der Vernunft verzichten und sich dunkeln und unklaren Gefühlen und Impulsen anvertrauen?…

Das vernünftige Handeln unterscheidet sich vom unvernünftigen Handeln dadurch, daß es vorläufige Opfer bringt; diese vorläufigen Opfer sind nur Scheinopfer, da sie durch den Erfolg, der später eintritt, aufgewogen werden. Wer die wohlschmeckende, aber ungesunde Speise meidet, bringt bloß ein vorläufiges, ein scheinbares Opfer; der Erfolg – das Nichteintreten der Schädigung – zeigt, daß er nicht verloren, sondern gewonnen hat. Doch um so zu handeln, braucht es Einsicht in die Folgen des Handelns. Das macht sich der Demagoge zunutze. Er tritt dem Liberalen, der das vorläufige Scheinopfer fordert, entgegen, schilt ihn hartherzig und volksfeindlich. Sich selbst rühmt der Demagoge als Menschen- und Volksfreund. Er weiß die Herzen der Zuhörer zu Tränen zu rühren, wenn er seine Vorschläge durch den Hinweis auf Not und Elend empfiehlt…

Vom Ressentiment, dem neidischen Übelwollen, ist nicht viel zu sagen. Ressentiment ist im Spiele, wenn man jemand ob seiner günstigeren Verhältnisse so sehr haßt, daß man bereit ist, selbst schwere Nachteile auf sich zu nehmen, wenn nur auch der Verhaßte dabei zu Schaden kommt. Gar manche, die den Kapitalismus bekämpfen, wissen sehr wohl, daß ihre Lage unter jedem anderen Wirtschaftssystem weniger günstig sein wird; sie treten aber in voller Erkenntnis dieses Umstandes für eine Reform, z. B. für den Sozialismus ein, weil sie hoffen, daß auch der von ihnen beneidete Reiche darunter leiden wird. Oft und oft kann man von Sozialisten die Äußerung hören, auch materielle Not werde in der sozialistischen Gesellschaft leichter zu tragen sein, weil man das Bewußtsein haben werde, niemand habe es besser.”

Zur oft auch von mir diagnostizierten Geisteskrankheit namens Sozialismus:

“Mit Rationalismus kann man freilich nicht bis zu dem Sitze des Widerstandes gegen den Liberalismus gelangen; dieser Widerstand geht nämlich nicht von der Vernunft aus, sondern von krankhafter seelischer Einstellung: von Ressentiment und von einem neurasthenischen Komplex, den man nach dem französischen Sozialisten Fourier-Komplex nennen könnte….

Viel schwerer ist es, gegen den Fourier-Komplex anzukämpfen. Hier liegt eine schwere Erkrankung des Nervensystems, eine Neurose vor, die mehr die Psychologie interessieren sollte als die Politiker. Doch man kann an ihr heute nicht vorübergehen, wenn man die Probleme der modernen Gesellschaft untersucht. Bedauerlicherweise haben sich die Ärzte bisher kaum noch mit den Aufgaben befaßt, die ihnen der Fourier-Komplex bietet; selbst Freud, der große Meister der Seelenforschung, und seine Schule haben in ihrer Neurosenlehre diese Dinge kaum beachtet, wenn man es auch der Psychoanalyse danken muß, daß sie den Weg, der allein zur Erkenntnis dieser Zusammenhänge führt, aufgespürt hat…

Der Neurotiker kann das Leben in seiner wahren Gestalt nicht ertragen. Es ist ihm zu roh, zu grob, zu schlecht. Um es sich erträglich zu gestalten, will er nicht wie der Gesunde „allen Gewalten zum Trutz sich erhalten“; das wäre seiner Schwäche fremd. Er flüchtet in eine Wahnidee. Die Wahnidee ist, nach Freud, „selbst etwas Erwünschtes, eine Art Tröstung“; sie ist gekennzeichnet durch „ihre Resistenz gegen logische und reale Angriffe“. Es genügt daher keineswegs, sie dem Kranken durch überzeugende Beweise ihrer Unsinnigkeit ausreden zu wollen; um zu genesen, muß der Kranke selbst sie überwinden, er muß verstehen lernen, warum er die Wahrheit nicht ertragen will und zum Wahne seine Zuflucht nahm…

Auch der Marxismus kann das Bild der sozialistischen Gesellschaft nicht anders konstruieren als durch zwei schon von Fourier gemachte Annahmen, die aller Erfahrung und aller Vernunft widersprechen. Auf der einen Seite die Annahme, daß das „materielle Substrat“ der Produktion, das „ohne Zutun des Menschen von Natur vorhanden ist“, so reichlich zur Verfügung steht, daß mit ihm nicht gewirtschaftet werden muß; daraus ergibt sich dann der Glauben an eine „praktisch schrankenlose Steigerung der Produktion“. Auf der anderen Seite die Annahme, daß im sozialistischen Gemeinwesen die Arbeit „aus einer Last eine Lust“, ja, daß sie „das erste Lebensbedürfnis” werden wird. Wo alle Güter im Überfluß zur Hand sind und die Arbeit Lust ist, kann man freilich unschwer das Schlaraffenland einrichten…

Im Leben des Neurotikers kommt der Lebenslüge eine doppelte Aufgabe zu. Sie tröstet über den Mißerfolg und stellt kommende Erfolge in Aussicht. In dem Falle des sozialen Mißerfolges, der uns hier allein angeht, liegt der Trost in dem Glauben, daß das Nichterreichen der angestrebten hohen Ziele nicht der eigenen Unzulänglichkeit, sondern der Mangelhaftigkeit der gesellschaftlichen Ordnung zuzuschreiben ist. Von dem Umsturz der Gesellschaftsordnung erhofft der Unbefriedigte den Erfolg, den ihm die bestehende Ordnung vorenthalten hat. Da ist es nun ganz vergebens, ihm begreiflich zu machen, daß der geträumte Zukunftsstaat undurchführbar ist und daß die arbeitsteilige Gesellschaft anders als auf Grundlage des Sondereigentums an den Produktionsmitteln nicht bestehen kann. Der Neurotiker klammert sich an seine Lebenslüge, und wenn er vor die Wahl gestellt wird, entweder ihr oder dem logischen Denken zu entsagen, zieht er es vor, die Logik zu opfern. Denn das Leben wäre ihm unerträglich ohne den Trost, den er in der sozialistischen Idee findet. Sie zeigt ihm, daß die Fehler, die seinen Mißerfolg verschuldet haben, nicht in seiner Person, sondern in dem Gang der Welt liegen, hebt damit sein gesunkenes Selbstbewußtsein und befreit ihn vom quälenden Minderwertigkeitsgefühl. Wie der gläubige Christ das Mißgeschick, das ihm auf Erden widerfuhr, leichter hinnehmen konnte, weil er an eine Fortsetzung der individuellen Existenz in einem besseren Jenseits hoffte, in dem die, die auf Erden die Ersten gewesen waren, die Letzten sein werden und die Letzten die Ersten, so ward für den modernen Menschen der Sozialismus zum Elixier gegen irdisches Ungemach.”